Preußisch decken
Dachfragen waren Anfang des 20. Jahrhunderts ein heiß umkämpftes Thema, wie die Wichtigkeit der Frage es auch verdient: hohe Ziegeldächer mit typischer Ostpreußenwelle waren bis dato ein gemeinsames Element aller Städte, Dörfer und Siedlungen landauf-landab, nun aber bedrohte die kaum geneigte Pappdeckung den Gleichklang und damit auch das Ortsbild.
In den Jahren 1904—1918 gab es im “Zentralblatt de Bauverwaltung” nicht weniger als sechs Artikel zu diesem Thema:
- “Pfannendächer“, 1904
- “Anlage und Bauart freistehender Gebäude in Ostpreußen“, 1909
- “Dachpfanne und Dachform in Ostpreußen“, 1916
- “Ostpreussisches Pfannendach“, 1918
- “Das Ziegeldach auf Schalung“, 1918
- “Ostpreussisches Pfannendach“, 1918
An den Grundstoffen für zahllose Ziegeleien mangelte es nicht: Ton, Sand, Torf und Brennholz waren reichlich vorhanden. Kalke gab es auch, Zement hingegen müßte lange aus der Ferne herangeschafft werden, aus Stettin und sogar England.
Nach dem Kriege standen die Ziegeldächer einem neuen, einem Rezeptionsproblem gegenüber: in den Augen der Sowjetsiedler wurden sie zu den Sinnbildern des Preußentums, den es eiligst zu bekämpfen galt. So ließ man sie teils verrotten, teils ersetzte man sie durch neue flachgeneigte Aufbauten.
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