Risse im Stadtgewebe
Lücken und Fehler im städtischen Tuch gelten gemeinhin als Mangelerscheinungen, was sie auch sind — doch zugleich bergen diese Steine im Wege der Stadtentwicklung ungeahnte Potentiale, so die Architekten des “Lokalisierung”-Seminars. Sie sollten es auch wissen: ihre Vorgänger, die Baumeister der weißrussischen Hauptstadt Minsk, nutzten gekonnt die Kriegszerstörungen, um ihrer Stadt ein neues Herz einzupflanzen — und das ganz buchstäblich! Seitdem durchzieht die Stadt eine Park- und Wasserkette, die ihresgleichen sucht.
Kann dies ein Musterbeispiel für Insterburg sein? Oder verlange die Gegenwart nach gänzlich neuen Lückenfüllern? — werfen wir doch einen genaueren Blick auf sie.
Die meisten städtebaulichen Lücken Insterburgs sind Räume, die ihren ursprünglichen Sinn verloren und keinen neuen fanden, zuweilen auch deswegen, weil ihr durch die ursprüngliche Funktion geprägtes Wesen es verbat: keine neue Nutzung, wiewohl durchdacht, wollte da heimisch werden.
So wurden die bedeutsamsten Stellen der Stadt plötzlich zu den vernachlässigsten.
Sie neu erschließen bedeute, einen Zugang zu ihnen finden, eine neue Nutzung und Form, die ihrer Rolle und ihrer Stellung ebenbürtig wären. Eventuell müssen solche Nutzungen und Formen erst erfunden werden.
Zugleich gebe es in der Stadt durch und durch eigentümliche Bewegungen und Vorgänge, die sich nach einer Stadräsenz sehnen — doch die Straßen und Plätze in ihrer jetzigen Gestalt sind wie nicht für sie gedacht…
Kommentieren