KulturLandSchafft Kaliningrad/Tchernjachowsk
Bakkalaurus-Arbeit von Elisabeth Jane Walker im LAREG-Seminar 2011, vorgestellt auf der Abschlußkonferenz der Burg Insterburg: Kreislaufkonzept zur Landnutzung, Ansätze für eine an historische Strukturen anknüpfende Kulturlandschaftsentwicklung.
Das Projektgebiet
Die Oblast Kaliningrad ist mit ihren 15.125 km2 die kleinste und westlichste Oblast der Russischen Föderation. Sie liegt im Baltischen Raum und wird im Norden und Osten von Litauen begrenzt. Im Süden von Polen und im Westen von der Ostsee. Tschernjachowsk liegt im Zentrum des Landes. Die gleichnamige Hauptstadt und ihr Umland sind das Projektgebiet.
Hier soll an die historische Strukturen anknüpfend eine neue Kulturlandschaft entwickelt werden, die die Bevölkerung nachhaltig versorgen soll. Das Projektgebiet wurde mit Hilfe von Nahrungsmittel- und Energiebedarfsberechnungen auf ein realistisches Projektgebiet eingegrenzt, welches die Hälfte des Bedarfs der 40.000 Einwohnerstadt stillt.
Probleme
Ziele
Aufbauend auf den alten Strukturen soll die Landwirtschaft ortstypisch, simpel und nachhaltig revitalisiert werden. Es soll:
- eine neue, nachhaltige Kulturlandschaft etabliert werden
- dadurch eine neue regionale Identität oder ein regionales Heimatgefühl sowie Selbstbewußtsein und eine positive Zukunftssicht fördern — regionale, stabile Produktkreisläufe ermöglichen bzw. schließen
- dem Problem zu hoher Inputkosten entgegenwirken
- und nach der Etablierung über die Subsistenzwirtschaft hinausgehend neue Vermarktungs- und Exportmöglichkeiten eröffnen.
Dabei sollen bestehende Betriebe oder Systeme und besondere Naturstadorte wie Moore integriert werden. Es soll, wo es sinnvoll ist, eine sanfte Verzahnung des Alten und Gegenwärtigen erfolgen um Entwicklungsmöglichkeiten für Neues/Zukünftiges zu ermöglichen.
Konzept
Die neue Kulturlandschaft solle eine Kreislaufwirtschaft sein, die eine nachhaltige Selbstversorgung sichert und Kaliningrad weitgehend autark macht.
Lösungsstrategie: Permakultur-Mosaik
Ein System das versucht, sich selbst zu tragen, zudem simpel ist und der Zielsetzung gerecht wird, ist die Permakultur (Mollson & Holmgren). Der Begriff setzt sich aus PERMAnent AgriCULTURE zusammen. Sie ist ein ökologisches Bewirtschaftungssystem, das von der Natur lernt und mit ihr arbeitet. Neben den nebenstehenden Prinzipien spielt auch die Einteilung der Arbeitsbereiche in Zonen eine wichtige Rolle, wie bei Thune und Howard. Je arbeitsintensiver ein Bereich ist, desto näher liegt es am Haus. Die äußerste Zone ist der Natur vorbehalten und wird nicht bewirtschaftet. Somit können auch die in der Insterburger Landschaft verstreuten Moor- und Sumpfstellen integriert werden. Die Zonierung ist nur eine Theorie, praktisch müssen die Bereiche den ortstypischen Gegebenheiten angepaßt werden. So entsteht ein Mosaik. Auf diesen Prinzipien beruht die Organisation der neuen Kulturlandschaft.
Die neue Kulturlandschaft soll ein Energiemosaik sein, in dem mehrere Komponenten zu einer großen Kreislaufwirtschaft verbunden werden. Sie soll die Inputkosten und Importabhängigkeit senken und Land und Stadt neu verbinden.
Permakulturprinzipien
Analyse
Wald, Siedlungen in Grau
Gewässer, Teiche, Flüsse, Bäche, Entwässerungsgräben, Neue Entwässerung
Infrastruktur, Flughafen, Gleise, Straßen und Wege
Boden, Pseudogley–Gley in Magenta, Pseudogley–Fahlerde in Grau, Paternia / Aueböden in Braun
Landnutzung, Garten, Landwirtschaft in Braun, Weide in Hellgrün
Alte Strukturen: Erschließung, Altes Wegenetz von 1937 in Rot, teilweise noch vorhanden/ in Benutzung
Gutshöfe, Neue Höfe, Höfe, die übetbaut sind, Höfe, die als Ställe, Lagerhallen oder Freizeitplätze genutzt werden sollen.
Das Energiemosaik
Die „Fugenmasse“
Ein neues Erschließungssystem, aufbauend auf den historischen Strukturen, den alten und neuen Wasserwegen und der aktuellen Erschließung.
Historische Gutshöfe, nicht mehr vorhandene, Ruinen und intakte
Straßen und Alleen, nicht mehr vorhandene, Reliquien und intakte
Die “Mosaikstücke”
Neue Landnutzungsformen, kombiniert mit den aktuellen und Biotopen.
Neue Erschließung
Auf der aktuellen Erschließung & dem Wassernetz basierend:
- Erschließung I. Ordnung: Hof – Stadt
- Erschließung II. Ordnung: Felder
- Erschließung III.Ordnung (blau): Abkürzungen & Freizeitwege entlang von Wasserläufen
- Erschließung III.Ordnung (hellblau):Auf der historischen Erschließung basierende Wege aller Ordnungen
Forst
Waldschluß oder auf besonders nassen Standorten
Agroforst
„Agroforstwirtschaft ist eine Form der Landnutzung, bei der der Anbau mehrjähriger verholzender Pflanzen mit dem Anbau von annuellen Pflanzen oder der Nutzung von Grünland auf derselben Fläche kombiniert wird.“ Tatiana Reeg et al., 2009
Bei den verschiedenen Agrofortsttypen unterliegen alle Baumanordnungen, ob in Blöcken, Alleen oder im Raster, dem gleichen Dichteprinzip:
Agroforst 1
Kurzumtriebsplantagen und Wertholz. Reihenbestände von Kurzumtrieb durch Wertholzalleen gegliedert.
Auf Pseudogley-Gley oder anderen nassen Standorten. Wegen geringen Holzwertes stadtnah oder in der Nähe der Energiehöfe.
Energieholz: Pappeln, Weiden, Hainbuche.
Werthölzer: Flatterulme, Winterlinde, Hainbuche, Pappel.
Produkte: Hackschnitte, Pappelholz für Zellulose, Möbelholz, Snowboardholz
Agroforst 2
Landwirtschaft und Kurzumtriebsplantagen. Schläge durch mehrreihige oder einfache Energieholzalleen gegliedert. Auf feuchten Fahlerdestellen. Wegen geringen Holzwertes stadtnah oder in der Nähe der Energiehöfe.
Energieholz: Pappeln, Weiden, Hainbuche.
Feldfrüchte: Weizen, Hafer, Triticale, Zuckerrüben, Kleegras, Kartoffeln, Raps
Produkte: Hackschnitte, Pappelholz für Zellulose, Möbelholz, Snowboardholz, Streichholz und landwirtschaftliche Produkte
Agroforst 3
Kurzumtriebsplantagen und Grünland. Weideland durch Kurzumtriebsplantagenblöcke oder –Alleen gegliedert. Auf Pseudogley-Gley oder anderen nassen Standorten. Wegen geringen Holzwertes stadtnah oder in der Nähe der Energiehöfe oder zum Waldschluß.
Energieholz: Pappeln, Weiden, Hainbuche.
Produkte: Hackschnitte, Pappelholz für Zellulose, Möbelholz, Snowboardholz, Fleisch von Rindern, Schafen oder Ziegen, Futter für Milchwirtschaft
Agroforst 4
Landwirtschaft und Wertholz. Schläge werden durch einfache Wertholzstreifen gegliedert. Fahlerde-Pseudogley, Paternia. Durch wasserziehende und absenkende Wirkung der Bäume auch in nassen Standorten möglich. Unterpflanzung der Bäume mit Beerensträuchern.
Werthölzer: Flatterulme, Winterlinde, Hainbuche, Schwarzerle.
Feldfrüchte: Hafer, Gerste, Zuckerrüben, Triticale, Kleegras, Kartoffeln, Raps
Produkte: Wertholz für Möbelproduktion, Bauholz für Aussen- und Innenbau uvm. Landwirtschaftliche Produkte. Ernteeinträge von der Unterpflanzung.
Agroforst 5
Landwirtschaft und Obstbau. Gliederung der Schläge durch Obst-/Nußbaumstreifen. Auf Paternia, da besonders fruchtbar, leicht sandiger Boden.
Obstholz: kontinentale Apfel-, Pflaumen- und Nußbäume.
Feldfrüchte: Hafer, Gerste, Zuckerrüben, Triricale, Kleegras, Kartoffeln, Raps
Produkte: Obst und Feldfrüchte.
Agroforst 6
Grünland und Obstbau. Baumraster auf Grünland. Kein zu nasser Standort.
Obstbäume: kontinentale Apfel-, Pflaumen- und Nußbäume.
Produkte: Wertholz zur Mobelproduktion, Obst/Nüsse, Futter für die Milchwirtschaft, Biomasse aus Grünschnitt.
Agroforst 7
Grünland und Wertholz. Baumraster auf Weideland. Keine besonderen Bodenansprüche
Werthölzer: Flatterulme, Winterlinde, Hainbuche, Schwarzerle, Stieleiche.
Produkte: Wertholz für Möbelproduktion, Bauholz für Aussen- und Innenbau uvm., Fleisch von Rindern, Schafen und Ziegen, Biomasse aus Grünschnitt
Landwirtschaft
Landwirtschaft mit Fruchtfolgen. Fahlerde-Pseudogley, Paternia. Neben den im Agroforst verwendeten Feldfrüchten werden auch Lichtempfindliche Feldfrüchte wie z.B. Mais angebaut. Längliche Feldstrekturen entgegen des Gefalles nach dem Vorbild des Stripe Farming aus den USA, bietet Erosionsschutz und ist ökologisch verträglicher als Riesenschläge aus der Kolchosenbewirtschaftung.
“Natur”
Keine Bewirtschaftung oder extensive Weidewirtschaft. Moore, Sümpfe, nasse Wälder, kleine Restflächen zwischen den Feldern, Steilhänge, verlandete Teiche. Die externe Bewirtschaftung erfolgt durch Bewegung, Wertholzgewinnung mit Schwarzerlen oder Biomassegewinnung durch Schilfbau.
Produkte: Wertholz zur Mobelproduktion, Bauholz für Aussen- und Innenbau uvm., Fleisch, Touristischer Anziehungspunkt, wenn erschlossen.
Masterplan
Detailplan
Perspektive A
Wert- und Energieholzstreifen können auch kombiniert werden. Unter dem Wertholz sind Beerensträucher angepflanzt. Dieser zusätzliche Ertrag ist während der langen Wartezeit bis zum Hieb der Bäume nicht zu unterschätzen. Hinter dem Weidenblock sieht man die Spitzahornallee, welche die Haupterschließung charakterisiert. Der silvoarable Agroforst geht im Hintergrund in einen silvopastoralen über.
Perspektive B
Hier treffen ein Weg der II. Ordnung auf die Haupterschließung. Beide Charakterbäume prägen das Straßenbild an der Kreuzung. An den Kiefernkreuzungen befinden sich Sitzmöglichkeiten oder Grillplätze.
Da die Haupterschließung kurz davor ist, in die Stadt zu münden, nimmt die Baumdichte zu und die Alleen rücken dichter an die Straße.
Bäume
Alle Bäume erfüllen mindestens zwei der folgenden Funktionen: Bauholz, Energieholz, Industrieholz, Futter, Pharmazeutik.
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