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“Sicherung gebauter Erbschaft füјr die Zukunft”

Von: 12inster_admin34534

Ein Vortrag Remco Vremeulens, eines Mitarbeiters der “Stadsherstel Amsterdam“, gehalten am zweiten Tag des Kolloquiums.

Stadsherstel ist eine Firma, die Amsterdamer Altbauten erwirbt, restauriert und unterhält, und so das charaktervolle Äußere der Stadtzentrums sichert.

Amsterdamer Entwicklung

Die Stadt Amsterdam hat eine reiche Geschichte, die auch heute noch sehr präsent sei. Im 17. Jahrhundert war die Hauptstadt der Niederlanden der Knotenpunkt in weitreichendem Netz holländischer Übersee-Handelswege, die Reichtum und Wohlstand ihren Bürgern brachten. Eines der sichtbaren Zeichen dieser Prosperität war die Anlage des Kanalringes mit den berühmten Kanalhäusern. Knapp außerhalb des alten Stadtzentrums gelegen, wurden sie zum bevorzugten Arbeits- und Wohnbezirk der Oberschicht.

Mit der Industrialisierung kam der Niedergang des Amsterdamer Handels, und die Meinung machte die Runden, die Kanäle seien viel zu altmodisch und ihre Häuser viel zu übertbelegt. Fürs „moderne Leben“ hielt man die Stadtmitte für nicht geeignet, die Bewohner zog es in die Außenbezirke, Tristesse zog an ihrer statt ein. Man mag es nicht glauben, aber viele Altbauten standen in der erstern Hälfte des 20. Jahrhunderts halb-verfallen da, oder stürzten in sich zusammen. Der 2. Weltkriewg hat auch seine Spuren hinterlassen, nicht etwa Bombentrichter oder Gewaltspuren: die vielen Amsterdamer Juden verloren durch die Depoirtierung ihren Hausbesitz. Der Stadtrat unternahmn hierzu nichts, denn auch hier glaubte man, fürs moderne Leben sei die Altstadt der unpassende Ort. Das führte zu einigen sehr unglückligen Vorhaben, wie etwa, die Kanäle zu verfüllen, die Straßen aufzuweiten oder die typischen Kanalhäuser abzubrechen. In der Mitte des 20. Jahhunderts war Amsterdam, ein unwirtlicher Ort zu werden.

Stadsherstel

Aus einer Reaktion gegen all’ diese Entwicklungen gründete 1956 eine Gruppe lokaler Investoren, Bankiers und Intellektueller, denen Amsterdam sehr am Herzen lag, die Stadherstel. Dem scheinbar unausweichlichen Niedergang ihrer Stadt wollten sie ein Ende setzen – und ihre Methode hatte Erfolg: eines nach den anderen ein Altbau aufkaufen – restaurieren – modernisieren – vermieten. In den darauffolgenden Jahren restaurierte Stadsherstel auf diese Weise über 450 verfallene Häuser. Gezielt hatte die Firma Bauten aufgekauft, die auf der Warteliste für die Eintragung in das Denkmalregister standen, oder aber solche an den bedeutenden Kreuzungen, denn diese Bauten, einmal angegangen, die ganze Geschichtslandschaft prägen.

Keizersgracht Ecke Herenstraat

Die Häuser an der Ecke Keizergracht-Herenstraat sind 1967 restauriert und renoviert worden. Stadsherstel erwirbt geschichtliche Erckbauten aufgrund ihrer visueller Präsenz und Bedeutung fürs Stadtganze. Entstanden sind einige Wohnungen in jedem der Häuser und ein Eckladen.

Stadsherstel ist eine GmbH, geführt von einem Aufsichtsrat, dessen Teilnehmer die Anteilseigner vertreten. Diese Teilhaber sind einige holländische Bankhäuser, dazu Versicherungen und, interessanterweise erst seit den frühen 1970er Jahren, die Stadtverwaltung von Amsterdam. Aus Protest gegen die Obrigkeit entstanden, pflegt die Firma jetzt eine praktische Kooperation mit dieser: Stadsherstel is ein Beispiel erfolgreich funktionierender öffentlich-privater Partnerschaft.

Vijzelgracht 1-5 Ecke Prinsengracht

Die Bauten an der Vijzelgracht 1-5 und um die Ecke davon in der Prinsengracht wurden 1971 erneuert. Die Ecke war besonders prominent: die vielbefahrene Vijzelgracht quert hier die besonders unter den Touristen beliebte Prinsengracht. Die Erdgeschosse an der Vijzelgracht sind den Läden vorbehalten, in die Obergeschosse und an die Prinsengracht zogen Wohnungen  ein.

Finanziert wird Stadsherstel aus privatem und städtischem Geld, welches durch die Anteilseigner angelegt wird, wober die Gesellschaft nicht gewinnoriertiert agiere. Jedes Jahr wird unabhängig von den Abschlußergebnissen eine 5%-Dividende ausgeschüttet, und kommt ein besseres Ergebnis zutage, so bleibt der Prozentsatz gleich und neue Vorhaben werden aus den verbleibenden Mitteln bezahlt. Obgleich nicht gewinnorientiert, achtet Stadsherstel stets auf die Wirtschaftlichkeit und die Ausgabebilanzen, um die Bilanzen im Gleichgewicht zu halten.

Nieuwe Spiegelstraat 22

Das Haus an der Nieuwe Spiegelstraat 22 stammt aus dem 19. Jahrhundert, was ihn von den meisten anderen (17.-Jahrhundert-)Aufkäufen der Stadsherstel im Amsterdamer Stadtzentrum unterscheide. Im Jahre 1984 wurde es teilweise wiederaufgebaut und erneuert. Im Erdgeschoß zog eine Kunstgalerie ein, darüber liegen einige Wohnunegen.

Eine wichtige Stellung in der Stadsherstel-Methodik nehme die Umnutzung historischer Altbauten ein: für ein jedes Haus wird eine passende neue Nutzung gefunden, und zwar mit dem Gedanken der bewußten Dauerlösung im Hinterkopf. Um diese Dauerhaftigkeit und die Baupflege sicherzustellen, behält Stadsherstel grundsätzlich alle Bauten im eigenen Besitz: Verkäufe finden nicht statt! Alle restaurierte und renovierte Bauten werden zu Wohn-, Kommerz- und Arbeitszwecken vermietet; über die Jahre wuchs die Firma zu einem der größten Wohnungsvermieter im Stadtzentrum von Amsterdam. Neben den Wohnhäusern fin man an, auch größere „Sonderbauten” aufzukaufen: einige Kirchen, eine Werft, ein Fort oder die Lagerhäuser. Ihnen allen wird eine „Zweite Chance“ zuteil, sie werden zu multifunktionellen städtischen Zentren. Stadsherstel bringt nationale und internationale Kulturveranstaltungen dorthin.

Nieuwe Looiersstraat 25-27

Das kleine Haus in der Nieuwe Looiersstraat 25-27, 1997 erneuert, stellt eine weitere Hauptzielgruppe der Stadsherstel dar: kleine Häuser in den Gassen, die zu den Hauptverkehrsachsen führen. Mögen sie auch nicht so bedeutsam erscheinen, bringt ihre Renovierung nichtdestorotz Leben in die Gassen wieder, und das ist gerade eines der Hauptziele des Vorhabens, das Leben, die Funktion Wohnen wieder in die Innenstadt von Amsterdam zu bringen und auf Dauer zu erhalten. Das Haus zählt drei Wohnungen.

Verantwortung

Mit jedem Bauvorhaben der Restaurierung und Renovierung legt Stadsherstelihre soziale Verantwortung zutage: es zeige sich in der Verwendung nachhaltiger Baustoffe und im Streben nach bewußtem Umgang mit der Energienutzung in den zu bearbeitenden Häusern. Die Subunternehmer werden verpflichtet, einige Plätze in ihren Baukolonnen für Lehrlinge bereitzustellen, auf daß diese gleich in mehrere Handwerke eingeführt werden. Ferner sieht das Unternehmen eine besondere Bedeutung in der Einbeziehung der Öffentlichkeit, nach seiner Auffassung ist sie ein nicht zu unterschätzender Faktor bei jeder Restaurierung, Renovierung und der Sanierung. Erhaltung und Bewirtschaftung des kulturellen Erbes, insbesondere in den Städten, gehe in erster Linie um Menschen, um die Dynamik einer wohnlichen Stadt. Hierfür ist die Beteiligung aufgeweckter Städter von wesentlicher Bedeutung: schließlich ist es ihr Erbe.

Amstelkerk

Die hölzerne Amstelkirche wurde 1680 erbaut  und sollte ein temporäres Gotteshaus sein: hier oder unmittelbar anschließend sollte eine der größten protestantischen Kirchen der Niederlande enstehen. Das Geld hierzu kam glücklicherweise nie zusammen, die Amstelkirche blieb in ständiger Benutzung als Gebertshaus oder auch als Scheune. Das letztere hat über die Jahrhunderte dem Holzbau zugesetzt. Stadsherstel kaufte die Amstelkirche in den späten 1980ern und erneuerte sie und die umliegenden Fläche. Aus der Kirche wurde das Hauptquartier der Stadsherstel, Büros kamen um die Haupthalle zu liegen. Die Halle ist weiterhin in Benutzung für Gottesdienste, Konzerte und Feste.

Durch die Früchte ihrer sozialverantwortlicher Arbeit will Stadsherstel den historischen Gebäuden der Innenstadt eine gesunde Zukunft verschaffen. Ihre Restaurierungsprojekte haben zum vorrangigen Ziele, Wohnen wieder ins Stadtzentrum von Amsterdamin zu holen und dort auf Dauer zu erhalten, und die Erhaltung des baulichen Erbes leistet hier einen Beitrag zur Bewohnbarkeit der Stadt.

De Duif

Die Taubenkirche (1856) an der Prinsengracht, gegenüber der Amstelkirche, zählt zu den größten Bauten in Besitz der Stadsherstel. In den 1990ern wurde sie erneurt und für die multifunktionelle Nutzung hergerichtet; die Eröffnung war 2002.Die Taubenkirche ist seitdem zum beliebten Stadtort für allerlei Aktivitäten geworden, wie Modeschauen, Tanzveranstaltungen, Hochzeiten, Kongredde, Konzerte und Ausstellungen. Selbst Filme wurden hier gedreht, und das ohne die Gottesdienste Sonntag früh zu unterbrechen.

Kromhout-Werft

Die Kromhout-Werft (1880) ist von der Stadsherstel zwischen 1998 und 2003 erneuert und teilweise umgenutzt. Teilweise, denn Boote werden dort immer noch gebaut; die restlichen Flächen beherbergen jetzt ein Museum, welches auch zu anderen Anlässen benutzt werden kann. Nebenan enstanden Bürogebäude im industriellem Stil, sie werden von den Architekten und Designern als Werkstätten genutzt.

Overtoom 373

Die alte Pferdebahn-Remise in der Overtoom 373 stammt aus dem Jahre 1876. Die Stadsherstel hat das heruntergekommene Gebäude 2004 renoviert und für Büros hergerichtet, ganz modern und allen Ansprüchen gewachsen. Originalbauteile bewahren zugleich das histosische Charakter des Hauses.

Wir glauben, daß die Herangehgensweisen und Konzepte des Stadsherstelszur Erhaltung des kulturellen Erbes in historischen Städten auf der ganzen Welt verwendet werden können: erfolgreicher Schutz der baulichen Erbes in Tschernjachowsk ist demnach eine “Mission Possible”!

Den letzten Beitrag des Tages mußte man auf die darauffolgende Sitzung verschieben.

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