Untersuchungsergebnisse ehemaliger Neuer Friedhof von Insterburg
Eine umfassende Untersuchung des ehemaligen Parkfriedhofs fand im Oktober 2011 als Teil der Magisterarbeit und Praxisseminars des Fachgebietes Freiraumgestaltung der Kunstfakultät Uni St.Petersburg statt. Am 7. Februar 2012 machte Anastassia Eremina die Ergebnisse dieser Untersuchung bei einem Vortrag in der Sektion Landschaft des St.Petersburger Architektenbundes publik.
Die Untersuchung wurden von den Studenten unter Leitung von Eugenia Petrashen und Elena Stieglitz durchgeführt. Den Park teilte man in sechs Abschnitte nach Arbeitsgruppen ein (Bild 1). In jedem der sechs Abschnitte wurden:
- die Planstruktur und räumliche Zusammensetzung analysiert und herausgearbeitet,
- die Baumarten bestimmt,
- der Oberflächenbewuchs untrersucht,
- pflanzenpathologische und insektologische Untersuchungen angestellt,
- die Böden erkundet,
- der Wasserhaushalt bestimmt,
- die Höhenplanung des Gebiets untersucht
Bild 1: Plan des Parks mit der Einteilung der Untersuchungsbereiche.
Arten des Bewuchses
Bei der vorgenommenen Bestandserfassung wurden alle Bäume, einzelnstehende wie Alleen, aber auch Buschhecken und -Gruppen auf Pläne eines jeden Landschaftsbereiches eingetragen. Stammdurchmesser in 1,3 m über Planum, Baumzustand und der Zustand der Planzungen insgesamt wurden in einer Inventarliste erfaßt. Nach der Aufarbeitung dieser Rohdaten erstellte man ein Schema eines jeden Planabschnitts, wo alle bestehenden und verlorenen Baume angegeben waren.
Eine große Vielzahl von Baumarten, vor allem Laubäume stehen im Park(Tabelle 1); darunter solche interessante Arten und Unterarten wie pyramidenförmige Stiel- und Roteiche, Hainbuche in Hecken, Rotbuche, kugelförmiger Spitz- und Zuckerahorn, und viele andere mehr. Groß ist auch die Sträuchervielfalt: gemeiner Spindelstrauch, gemeiner Pfeifenstrauch, Rote Heckenkirsche uvm.
Zur Abschätzung der Artenvielfalt von Gras-Strauch-Ebene wurden in jedem der sechs Parkabschnitte zwei musterhafte Zählfelder als Quadrate von 2 x 2 Meter angelegt. Eines lag auf einer offenen Wiese, der zweite bedeckt. Die hier vorgefundenen Pflanzenarten wurden in Listen unter Angabe ihrer Flächenanteile eingetragen. Etwa 50 Gräser- und Krautarten fand man vor. In den bedeckten Bereichen waren die Giersch und Efeu beherrschend, auf den Wiesen der Schwingel, die Quecke, Knäuelgras, Straußgras. Im Westen des Parks wurden eingeschleppte Arten wie Perilla und Meerrettich gefunden.
Tabelle 1. Die Artenzusammensetzung des Bewuchses
Bäume | Sträucher | Gräser und Kräuter | |
Freigelände | baumbestandenes Gelände | ||
Apfel Malus sp.. |
Flieder Syringa sp. |
Blauschwingel Festuca sp. |
Blauschwingel Festuca sp. |
Bergahorn Acer pseudoplatanus |
Gemeine Hasel Corylus avellana |
Breitwegerich Plantago major |
Echtes Labkraut Galium verum |
Bergulme Ulmus glabra |
Gemeine Himbeere Rubus idaeus |
Echtes Mädesüß Filipendula ulmaria |
Geflecktes Lungenkraut Pulmonaria officinalis |
Birke Betula sp. |
Gemeine Schneebeere Symphoricarpos albus |
Gamander-Ehrenpreis Veronica chamaedrys |
Gelber Steinklee Melilotus officinalis |
Bruch-Weide Salix fragilis |
Gemeiner Pfeifenstrauch Philadelphus coronarius |
Gänsefingerkraut Potentilla anserina |
Gemeiner Blutweiderich Lythrum salicaria |
Gemeine Esche Fraxinus excelsior |
Gemeiner Spindelstrauch Euonymus europaeus |
Gedrungener Ampfer Rumex confertus |
Gemeiner Efeu Hedera helix |
Gemeine Fichte Picea abies |
Hunds-Rose Rosa canina |
Gelbgrüner Frauenmantel Alchemilla vulgaris |
Gemeiner Giersch Aegopodium podagraria |
Gemeine Robinie Robinia pseudacacia |
Kratzbeere Rubus caesius |
Gemeine Schafgarbe Achillea millefolium |
Gemeiner Huflattich Tussilago farfara |
Gemeine Roßkastanie Aesculus hippocastanum |
Rote Heckenkirsche Lonicera xylosteum |
Gemeiner Giersch Aegopodium podagraria |
Gemeiner Meerrettich Armoracia rusticana |
Grau-Erle Alnus incana |
Schneeballblättrige Blasenspiere Physocarpus opulifolius |
Gemeiner Löwenzahn Taraxacum officinale |
Gemeiner Weißwurz Polygonatum officinale |
Hainbuche Carpinus betulus |
Schwarzer Holunder Sambucus nigra |
Gemeines Knäuelgras Dactylis glomerata |
Große Brennnessel Urtica dioica |
kugelförmiger Spitzahorn (eingepflanzt) Acer platanoides |
Tatarischer Hartriegel Swida alba |
Große Brennnessel Urtica dioica |
Große Klette Arctium lappa |
kugelförmiger Spitzahorn Acer platanoides |
Weidenblättriger Spierstrauch Spiraea salicifolia |
Habichtskraut Hieracium sp.. |
Großes Springkraut Impatiens noli-tangere |
pypamidenförmige Stieleiche Quercus robur forma fastigiata |
Zweigriffeliger Weißdorn Crataegus laevigata |
Hain-Rispengras Poa nemoralis |
Gundermann Glechoma hederacea |
Rotbuche Fagus sylvatica |
– | Hain-Sternmiere Stellaria nemorum |
Hain-Rispengras Poa nemoralis |
Rotbuche Quercus rubra |
– | Kanadische Goldrute Solidago canadensis |
Kleines Immergrün Vinca minor |
Sal-Weide Salix caprea |
– | Kriech-Quecke Elytrigia repens |
Kriech-Quecke Elytrigia repens |
Schwarz-Erle Alnus glutinosa |
– | Pfennigkraut Lysimachia nummularia |
Perilla Perilla sp. |
Schwedische Mehlbeere Sorbus intermedia quercifolia |
– | Ringdisteln Carduus sp. |
Pfennigkraut Lysimachia nummularia |
Silber-Pappel Populus alba |
– | Rotes Straußgras Agrostis capillaris |
Scharfer Hahnenfuß Ranunculus acris |
Sommer-Linde Tilia platyphyllos |
– | Rotes Straußgras Agrostis capillaris |
Vogel-Wicke Vicia cracca |
Stieleiche Quercus robur |
– | Rotklee Trifolium pratense |
Wald-Frauenfarn Athyrium filix-femina |
Vogelbeere Sorbus aucuparia |
– | Scharfer Hahnenfuß Ranunculus acris |
Waldsauerklee Oxalis acetosella |
Waldkiefer Pinus sylvestris |
– | Spitzwegerich Plantago lanceolata |
Weiße Taubnessel Lamium album |
Winter-Linde Tilia cordata |
– | Vogel-Wicke Vicia cracca |
Wiesenkerbel Anthriscus sylvestris |
Zuckerahorn Acer saccharum |
– | Wald-Erdbeere Fragaria vesca |
Zimt-Himbeere Rubacear odoratum |
– | – | Weißklee Trifolium repens |
– |
– | – | Wermutkraut Artemisia absinthium |
|
– | – | Wiesen-Lieschgras Phleum pratense |
– |
– | – | Wiesen-Platterbse Lathyrus pratensis |
– |
– | – | Wiesen-Sauerampfer Rumex acetosa |
– |
– | – | Zittergras Briza sp. |
– |
Bödenuntersuchung
Für eine Bödengüte-Erhebung wurden in jedem Parkabschnitt je zwei Abbaurisse gemacht, eines im Freibereich und eines im bewachsenen Bereich.
Die Böden des Parks sind als anthropogene turbierte braune Waldböden auf schwerem Lehm bestimmt worden. Auf einigen Abschnitten sind überdeckte Schichten zu sehen. Die Mächtigkeit der akkumulativen Humusschicht ist 10 bis 15 cm (Bild 2). Auf offenen Lichtungen mit Grasbewuchs ist dieser Mutterboden dunkler und mächtiger als in der Waldzone.
Das Wachsen der Himbeere, Brennnessel, Sauerampfer, Giersch, Weidenröschen, Wiesen-Platterbse zeugt von der hohen Fruchtbarkeit des Bodens.
Bild 2. Bodenprofile: a) auf einer Lichtung, b) unter den Bäumen.
Wasserhaushalt und Geländeerhebung
Die Lehmböden bringen das Risiko der Wasseranstauungen mit sich, doch wie die Landvermessung zeigt, wird diese Gefahr hier mit den Mitteln der Höhenplanung beseitigt: die Querachse des Parks ist die Wasserscheide (Bild 3). So ist die Bodenfeuchte hier mäßig, der Vielfalt der Pflanzen kommt dies zugute.
Die nördliche Grenze des Parks ist ein steiler Höhensprung von 20 Metern, von zwei Schluchten durchfurcht.
Bild 3. Prinzipschema der Höhenentwicklung des Parks (Schnitt durch die Hauptallee, mittig die Wasserscheide, die obere Hangkante rechts liegt etwa 1,5m tiefer)
Analyse und Herausarbeitung der Planstrultur und der räumlichen Zusammensetzung
Die Untersuchung der Parkbäume förderte zutage, daß die Hauptachse von pyramidalen Eichen bestanden ist. Quer dazu verlaufen Alleen aus kugelförmigen Ahornen. Um die Lichtungen standen einst Hainbuchen Spalier, und parallel zur Hauptachse, durch die Mitten der Lichtungen verliefen auf der einen Seite von ihr eine Buchenalle und eine Birkenallee (Bild 4).
Grün: Allee pyramidaler Eichen
Gelb: Allee der Kugelahorne
Rot: Spalier der Hainbuchen
Magenta: Buchenallee; blau: Birkenallee
Bild 4. Pflanzungsschema. Die Bilder zeigen den Jetztzustand
Wenig ist von der ursprünglichen Planung bis Heute erhalten geblieben (Bild 5), nur im mittleren Teil ist sie ohne weiteres zu erkennen. Durch mangelnde Pflege ist der Park mit Gebüsch und Gestrüpp zugewachsen, viele geschichtlich wertvolle Bäume sind abgängig oder sind im schlechten Zustand. Die meisten Parkbäume von phytopathologischen Krankheiten befallen, weisen mechanische Beschädigungen auf und Schädlingsspuren: die Ahorne sind schwarzbefleckt, führen Rußtaupilz, Galle auf den Blättern, Pilz-Fruchtkörper an den Stämmen, Frostrisse und Beschädigungen durch Holzbohrkäfer (Bild 6).
Bild 5. Pflanzungsschema nach Kaufmann (a.) und nach Befund (b.). Rot sind verlorene Bäume markiert.
Bild 6. Beispiele für Baumschäden
Auch die ursprünglichen Parkwege sind untergegangen: zwei Schürfungen, angelegt, um historische Pfade im nördlichen Teil zu finden, fanden ihre Spuren unter einer zehnzentimetrigen Erdschicht. Diese Fünde, einmal 2,0 m und einmal 1,3 m breit (Bild 7), sind hauptmäßig aus Schlacken, unter denen eine Schicht Flußkieselsteine liegt. Vielleicht waren die Wege einst bekiest und wurden erst in den Nachkriegsjahren mit Schlacke beschüttet.
Bild 7. Suchschürfe zwecks Wegeuntersuchung. Riß 1, Schlackeweg, 2,0m breit. Riß 2, Schlackeweg, etwa 1,3m. Tiefe unter Planum, etwa 10cm; Mächtigkeit der Schicht: etwa 10cm.
Einige Empfehlungen zur Parkpflege:
- zur Gesundung des Baumbestands ist der Einschlag, vor allem des Selbst-Aussaats nötig, bei maximaler Erhaltung historisch wertvoller Bäume,
- neue Pflanzungen sind vorzunehmen,
- die Parkfläche ist vom Unrat zu befreien,
- die Wege sind neu anzulegen,
- Kleinarchitekturen und Gartengeräte sind aufzustellen (Bänke, Lauben, Laternen usw.),
- örtlich sind die Böden zu besanden und zu lockern.
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