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“Offenes Zimmer”, eine neuartige Kunstresidenz

Von: 12inster_admin34534

Am fernen Stadtrand Insterburgs liege versteckt ein rußlandweit einmaliges Bauwerk des Bunten Bauens, zugleich das einzig erhaltene Werk Hans Scharouns im Lande. Eist gab es ihrer mehr, zehn Jahre wirkte er in der Stadt und in ihrer Umgebung, doch dann kam der Krieg, die Zwangsumsiedlungen, den Archivverlust, das Absterben der mündlichen Überlieferung… Das bloße Bestehen der Siedlung “Bunte Reihe” zu Insterburg verschwand aus der Architekturgeschichte.
Das Wiederauferstehen der Siedlung begann im letzten Jahr mit den Veröffentlichungen in den Fachblättern, dem “insterJAHR”-Kolloquium, den Fachbesuchern, die inzwischen fast schon zur Routine wurden; dem Aufmaß

Die frisch gegründete Eigentümergenossenschaft, im Verbund mit dem “insterJAHR” und der Architektur- und Bauuniversität Kasan, bereite, von den Experten begleitet, die Wiederherstellung der alten Buntheit vor.

Man möchte glauben, der Tag sei nahe, wenn die Skizzen Realität werden. Doch… wird es auch richtig sein?

Ohne Frage sei es nötig, die Häuser zu dämmen und zu reparieren, die Putzschäden auszubessern und die verblaßten Farben aufzufrischen, doch hafte all diesen Arbeiten ein Geburtsfehler an: der Straße gegenüber, ihren Einwohnern zu seien sie — fremd. Ihnen liege kein Bewohnerauftrag zugrunde, vielmehr wurden die Bewohner in der Notwendigkeit dieser Arbeiten erst überzeugt — und auch die ausführenden Kräfte werden nicht ihre sein, denn soviele Baufacharbeiter zähle die Straße nicht — schließlich werde auch die Kasse von Auswärts sein.

Und wenn ach die Straße von Zauberhand plötzlich wieder neu strahlte, stellt sich die Frage, ob der Bewohner zu ihr eine Beziehung aufbauen werde, die anders als bloße Nehmermentalität sei. Benötigt aber sei ein Beschützer und wirklicher Hausherr. Hier komme die Kunst zur Hilfe: gemeinsam mit den Bewohnern werde eine neuartige Kunstresidenz, Klub und Museum ins Leben gerufen.

Was sei eine übliche «Kunstresidenz»? — eine oder mehrere Werlstätten, mitten im Zentrum, wo der Künstler schaffe, von der ihn einladenden Stadt besselt und zur derselben Stand Nutzen. Manchmal wird sein Werk auch direkt von der Stadt beauftragt. Der Stadtbewohner nehme an dem allen von jenseits der Vitrine Teil. Hier zu Insterburg ist derlei nicht zu wiederholen: die Lage sei ungeeignet und auch die Flächen. Hier bedarf es etwas anderes.

So in etwa könnte in ein Paar Jahren die Einfahrt in die “Bunte Reihe” aussehen. Im Hause rechts stand über 20 Jahre ein Laden des Zivilschutzes leer, davor eine Bäckerei und noch eher ein Kolonialwarenladen Otto Weißenbergs — neuerdings wurden die Räume von einem Königsberger Mäzen aufgekauft.

Einst zierten die Wand die angebotenen Waren, dann war sie eine ganze Weile lang kahl. Nun der neue Inhalt:

“Architekturdenkmal “Bunte Reihe”, 1921-1924, Architekt Hans Scharoun
Kunstresidenz, Kunststraße, Nachbarschaftstreff, Museum und Café
Versammlungen, Ausstellungen, Ateliers, Kurse”
— in Kürze, das “Offene Zimmer”.

Mehr als ein Zimmer ist ja auch nicht vorhanden, und die Tür werde wirklich offen sein. Komme einer, um hier etwas zu schöpfen, trete er, zwangsläufig und zwangsfrei, gleich auf die Straße hinaus, und auch die Versammlungen oder Gesprächsrunden tues es ihm nach — so passiere es bereits schon! Die Arithmetik ist hier recht eigen, durchs Teilen vermehre sich der Platz.
Die Arbeiten, die auf der Straße von den “Kunstresidenten” erschaffen, saugen den ganzen Sinn ihrer auf und bleiben hier — oder auch im nächsten Gemüsegarten — oder im nahen Friedhofswald. Die Arbeiten nehmen die Bewohner mit auf, verleihen der Straße eine neue Kraft, komplettiere gleichsam dieses Mosaik. Dürfen wir nach Ihrem Steinchen fragen?

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