Das zweite Jahr
Zu Ende ging das zweite “insterJAHR”.
“In Anerkennung der Erfolge der Bürgerinitiativen und Fachgruppen, d[es] „insterJAHR[es]-2010“.., erklären die Amtsverwaltungen der Stadt Tschernjachowsk und des Kreises Tschernjachowsk… ihre feste Absicht, dieses Projekt auch künftig zu unterstützen. Das baugeschichtliche Erbe der Stadt solle zur Grundlage einer internationalen und interregionalen Entwicklungs- und Austauschstätte der Restaurierung, des Bauhandwerks und der Ausbildung werden,” hieß es am 14. Dezember 2010 in der Verordnung №649.
Nach der selben Vorordnung waren für 2011 folgende Themen zur Bearbeitung angenommen:
- die Siedlung “Bunte Reihe” — es “soll ein baureifer Entwurf der Erneuerung und Restaurierung der Bauanlage erstellt, die Denkmalpflegepläne ausgearbeitet und eine EDV-Datenbank den Anwohner und Entwerfern zur Verfügung gestellt werden.”
- das «Neue Friedhof» in der Kamswyker Allee — “die Vorentwürfe zu seiner Neugestaltung als ein Frieda-Jung-Gedächtnis-Poesiepark sind in Ausarbeitung.”
- Eisenbahn-Rundschuppen in der Ludendorffstr. — werde “vermessen.., die Schäden kartiert und die ersten Reparaturen getätigt.”
- Stadtpark im Schützentale — es “werden Messung vorgenommen, der Grünbestand gewertet und ausgelichtet.”
- die Bleiche — es “werden Messung vorgenommen, der Grünbestand gewertet und ausgelichtet, und ein Entwurf der Neufassung des Parks erarbeitet.”
Was ist davon umgesetzt worden?
Unter Mitarbeit des Projektes entstanden zwei Nachschlagewerke, die “Stadtbaugeschichte Ostpreußens” und die “Architekturdenkmäler Insterburgs“.
Durch fremdes Einwirkung kam das erste Buch nicht heraus, stattdessen veröffentlichten wir eine verkürzte Digitalfassung.
Stimmen zum Projekt erschienen vielfach, im In- und Auslande.
Die Untersuchungen der “Bunten Reihe” sind abgeschlossen und Hauspässe erstellt. Ein stadt- und projektseitig vorbereiteter Vertrag zur Ausarbeitung eines umfassenden Restaurierungs- und Rekonstruktionsentwurfes durch die Architektur- und Bauuniversität Kasan liege vor.
Ausgelassen wurde bei der Untersuchung das “Schiffshaus” in der Kamswyker Allee, denn seine Bewohner machten bei der Bewohnergenossenschaft der “Bunten Reihe” nicht mit, obgleich das Haus zum Siedlungsganzen gehöre. Die Schutzstatute werden vorbereitet; die Unterzeichnung des Vertrages durch die Kasaner verzögere sich ohne erkennbaren Grund.
Der Putz der “Bunten Reihe” wurde im Labor der “Keimfarben” untersucht und so die ursprüngliche Farbfassung teilweise bestimmt. Der Umgang mit Keimschen Mineralfarben soll vor Ort unterrichtet werden.
Die Vertreter des “insterJAHRes”, der “Bunte Reihe”-Genossenschaft, der städtischen Architekturverwaltung und des Provinzialdenkmalamtes machten sich vor Ort mit der Erneuerung der Berliner “Tuschkastensiedlung” vertraut, einer Vorgängerin der “Bunten Reihe”, und mit den Umständen des Rundlokschuppens in Berlin-Rummelsburg, mit dem Bw Insterburg baugleich.
Es ist nicht gelungen, einen Einbick in die musterhafte Datenbank der “Hufeisensiedlung” zu bekommen, eigene Arbeiten in dieser Richtung wurden nicht angestellt. Durch eigenes Verschulden blieben auch die berliner Denkmalpflegepläne nicht angetastet.
Zusammen mit der “Bunte Reihe”-Genossenschaft, dem städtischen Architekturamt und dem Provinzialdenkmalamt nahm das “insterJAHR” an der internationalen Konferenz des “Stadherstel Amsterdam” teil; ferner an der St.Petersburger Konferenz “Kleinstädte im postindustriellen Zeitalter“, an der Pleskauer Konferenz “Tourismus und Stadtlandschaft”, am Deutsch-russischen Forum “Die Zukunft braucht Vergangenheit” in Nürnberg. Zu Schneidemühl wurde zusammen mit den Vertretern des “Okrąglak”-Vereins und der Berliner Baukammer eine Arbeitsgruppe “6 Ostbahn-Runde” begrüdet, um Aktionen an den Rundlokschuppen zu koordinieren.
Konzept der Weiterentwicklung der “Bunten Reihe”, angefangen vom ehemaligen Kolonialwarenhandlung und später auf die gesamte Siedlung übergehend, in eine neuartige Kunstresidenz: Atelier, Club, Museum, Schau- und Bildungsstätte in einem, liegt ausgearbeitet vor.
Von dem Auftraggeber und den teilnehmenden Parteien abgesegnet, traf das Konzept auf unerwartete Störaktivitäten seitens der Ausführer, und wurde bis auf weiteres ausgesetzt.
Stadt- und Landgewässer, vor allem die Teichenkette der Tschernuppe und ihre Kunstbauten wurden von den Hydrologen der Moskauer Staatsuniversität und den Wasserwirtschaftlern der Moskauer Landnutzungshochschule eingehend untersicht. Sanierungsvorschläge liegen vor; 2012 wird die Zusammenarbeit fortgesetzt (siehe weiter unten).
Von der Dorpater Universität der Lebenswissenschaften kam der Gedanke “innerstädtischer Baumschulen” zur Aufnahme des “60000-Bäume-Programms” der Provinzialregierung.
Tatsächlich durchgeführte Pflanzungen gingen über das Vorgeschlagene hinweg, es ist allerdings möglich, die Idee auch später umzusetzen.
Angehende Landschaftsplaner der TU München erdachten vieles zur nachhaltigen Entwicklung der Kulturlandschaft des Insterburger Landkreises, Abschlußarbeiten inklusive. Professor Wenzel vertiefte die Planungen zur Rekonstruktion des Stadtparks (Schützental, Gawehnscher Teich, Schloßteich und Umgebung).
An die Stadt übergeben und dem Denkmalrat vorgestellt, warten diese Planungen auf die Abnahme.
Das Gebiet des künftigen Poesieparks wurde vom Seminar der Universität St.Petersburg untersucht, weitere Entwurfs- und Forschungsarbeiten erfolgen einstweilen dort, die praktische Umsetzung vor Ort wird vorbereitet.
Aus eigener Iniziative untersuchten Kasaner Studentinnen die Ruine des Bismarckturmes uns erstellten den ersten Restaurierungsentwurf. Professor Wenzel ergänzte ihn im Bereich der Zugänge.
Bis zum Turmjubiläum verbleibt kaum über ein Jahr, dennoch sind auch die notwendigsten Sicherungsarbeiten noch nicht eingeplant.
Berliner Tänzer, Musiker und Filmemacher führten eine Aufnahme im Rundschuppen durch, als Teil ihres größeren Kunstprojektes.
Wegen dem Widerstande des Besitzers gelangen dem Seminar der Bauuniversität St.Petersburg weder der Aufmaß, noch irgendwelche andere Untersuchungen des Depots. Diese werden ins Folgejahr übertragen.
TU Minsk und J-Forum stellten indes erste Planungen zum künftigen Leben des Kuppelbaus vor, als Kultur- und Gemeinschaftszentrum.
Neue Objekte kommen im neuen “insterJAHR” dazu:
Die Arbeit am Projekt der Lehrwerkstätten werde fortgesetzt, die Arbeitsgruppe wurde ums Insterburger Betriebspädagogikum erweitert.
Nach wie vor bleibt die Finanzierung die größte Sorge des bis ins Detail ausgearbeiteten und von verschiedenen Seiten gutgeheißenen Konzepts.
Vom diesjährigen Insterfest kam mit dem “Neuer Tschernjachowskij”-Wettbewerb der Versuch, neues Leben in die Gedenkkultur der Stadt einzuhauchen.
Die künstlerische Iniziative stieß in der Stadt auf wenig Verständnis.
Das “J-Forum”, ein Praktikum zur strategischen Planung regionaler Entwicklung, förderte eine Anzahl interessanter Ideen zutage.
Seine Fortsetzung fand dieses in Gumbinnen.
Im neuen wie im zu Ende gegangenen “insterJAHRe” gilt:
erst in der Verbindung der Forschung mit der Praxis, des Entwurfs und des Handwerks werde sein Ziel erreicht!